Was hat Bach nach Lübeck bewegt?

 

Bach in Lübeck:

Im Jahr 1705 machte sich der junge Johann Sebastian Bach auf den 400 km langen Fußweg in die altehrwürdige Freie und Hansestadt Lübeck um den damals berühmtesten Orgelmeister seiner Zeit zu hören: Dieterich Buxtheude. Aus den anfangs geplanten drei Wochen verlängert er fast vier Monate! - Was hat Bach erlebt und gehört, dass er in Lübeck blieb? Wir möchten es herausfinden und das Lübecker Musikleben des beginnenden 18. Jahrhunderts zum klingen bringen. 

Es ist vielleicht ein verwegenes Projekt, norddeutsche Orgelwerke in kammermusikalischer Besetzung aufzuführen und einzuspielen. Immerhin handelt es sich um Musik, die instrumentenspezifischer nicht sein könnte und als unberührbar, teilweise heilig gilt. Ehrfurchtsvoll macht es die großartige Kompositionsweise eines Dieterich Buxtehude oder Franz Tunder keineswegs unbegreiflicher, oder lässt sie in kammermusikalischer Besetzung gar in einen Nebel hüllen. - Im Gegenteil: jener fantastische Nebel, der sich sonst gerne über diese Musik bildet, lichtet sich und der Hörer nähert sich der Komposition auf eine ganz neue und individuelle Art und Weise.

Gleichzeitig ist diese Studienreise Bachs zu unserer Studienreise in die Musik seiner Zeit geworden, in seinem Lerneifer und Ehrgeiz hat sich auch für uns eine Devise gefunden

 

Inspiration : Idylle

 

Das „Idyll“ kann für den Menschen des 21. Jahrhunderts eine paradiesisch anmutende Landschaft oder einen harmonisch verklärten Zustand beschreiben. Wir vernetzen es mit weiten Seengebieten, eindrucksvollen Gebirgsgegenden, aufwändig gestalteten Gärten oder plätschernden Flussläufen. Es spricht uns in besonders positiver Weise an und ist oft ein Ort der Heimat oder Sehnsucht. Dabei hat das Wort in seinem altgriechischen Ursprung, dem Begriff είδύλλιον oder noch zurückgeführter εΐδος, eine vielleicht sehr viel einfachere Bedeutung, übersetzt in die deutsche Sprache als „das Bild“, „die Gestalt“ oder „die Idee“.

Der Barock in musikalischer Form lässt sich in der (zeitgenössischen Kunst) vielfältig in bildlicher Form auffinden. Das möchten wir unbedingt einem breiten Publikum nahbar machen, was nicht besser zu gehen scheint, indem wir die musikalischen Beiträge im Kontext zur Bildenden Kunst platzieren und eine Symbiose schaffen, die diese Kultur durch Hören und Sehen „greifbar“ machen lässt, mithilfe professioneller Bild-Ton-Aufnahmen.

Wir möchten zum Nachdenken anregen und die heutige Generation für die weitreichende kontextuelle Auseinandersetzung mit „Alter“ Musik gewinnen. Die Gegenüberstellung ist doch nur ein weiterer Beweis dafür, dass es keine „alte“ Musik gibt, sondern, dass die gleichen Fragen und Zustände, die den Künstler und Menschen im Barock beschäftigten, der Künstler und Mensch der Moderne in ähnlicher Form zu Gesicht führen will.

 

das unruhig-ruhige Herz

 

Musik im Gespräch: Wie in keiner anderen Zeit versuchen Musiker und Literaten des Barock den Gemütszustand von Unruhe und Ruhe so unterschiedlich und facettenreich wie möglich aber auch so verständlich wie nötig darzustellen und zu erklären.

An Beispielen mangelt es der Epoche kaum: Epidemien, Kriege, Begeisterung und Ernüchterung geben sich innerhalb kürzester Zeit immer wieder die Hand und bringen die Menschen damals in Verlegenheit an den Frieden in jeglicher Form zu glauben. Aber: Die Welt ging nicht unter. Und genauso wenig die Kultur: Gerade sie nahm die Herausforderung an und erstarkte enorm.

Wenn sich der Krieg in Europa, Pandemien, Nöte und Katastrophen von barocken Ausmaß nach fast 400 Jahren wiederholen, können wir dankbar sein, dass wir nicht die erste Generation sind, die dieses Wirren auszustehen hatte und unser unruhiges Herz sogar mit der Gewissheit der Künste damals beruhigen.