Was hat Bach nach Lübeck bewegt?

Es ist vielleicht ein verwegenes Projekt, norddeutsche Orgelwerke in kammermusikalischer Besetzung aufzuführen und einzuspielen. Immerhin handelt es sich um Musik, die instrumentenspezifischer nicht sein könnte und als unberührbar, teilweise heilig gilt. Ehrfurchtsvoll macht es die großartige Kompositionsweise eines Dieterich Buxtehude oder Franz Tunder keineswegs unbegreiflicher, oder lässt sie in kammermusikalischer Besetzung gar in einen Nebel hüllen. - Im Gegenteil: jener fantastische Nebel, der sich sonst gerne über diese Musik bildet, lichtet sich und der Hörer nähert sich der Komposition auf eine ganz neue und individuelle Art und Weise.

Die Lübecker Hauptkirche St. Marien war Treffpunkt und Mitte der Stadt. Die besondere Nähe zum Rathaus und zu den Kaufleuten, die der Stadt letztendlich ihren Ruhm und Reichtum brachten und dafür Handel mit dem ganzen nordeuropäischen Raum trieben, bezweckte auch die Einrichtung einer Briefkapelle“: Hatte jemand ein solches Schriftstück erhalten, wusste mit dem Inhalt wenig anzufangen, kannte sich in der fremden Sprache nicht aus, oder konnt es sogar überhaupt nicht lesen, suchte er die Beamten in der Kapelle auf, die ihm dieses erschlossen, übersetzten und übertrugen.

Inspiriert von dieser Tätigkeit fanden auch wir zu unserem Namen. Die Lübecker Orgelmusik ist es wert experimentell gehört zu werden, neu erschlossen und übertragen zu werden, unsere Cappella ist damit nicht nur eine musikalische Gruppe, sondern gleichsam auch ein flexibles Studienbündnis geheimnisvoller Barockwerke, neuer Musik.